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Lostage & ihre Gschichtln - Ein Bingo für eine dilettantische Gärtnerin und Kunsttante

Nachdem meine Freundin M schon die alten Weisheiten der "Schwendtage" aus den Hut gezaubert hat, habe ich mich ein wenig mit den alten Traditionen beschäftigt und bin  auf so interessante, alte Kenntnisse des Wetters in Verbindung mit dem Volksglauben gestoßen. Aber zuerst hier noch einmal zur Einstimmung der alte Blogbeitrag über die Schwendtage: So was gibts?: Schwendtage

 

Neben diesen Schwendtagen waren auch die sogenannten Lostage für die Bauern wichtige Tage, da sich an diesem das Wetter der kommenden Wochen entschied und somit für die landwirtschaftlichen Arbeiten von großer Bedeutung waren. Das Wort "Los" wird dabei im Sinne von Geschick angewendet. Laut Duden bedeutet Lostag im österreichischen Wortschatz auch "Stichtag".

 

Dass diese Zeitpunkte natürlich wieder mit den Heiligen verknüpft waren und sind, ist ja obligatorisch. Der wirklich von den Lostagen noch deutlich in den menschlichen Hirnen verankerte Glaube der Eisheiligen ist ja sehr präsent. Im älteren Blogbeitrag habe ich ja schon über die einzelnen Eisheilgen und ihre Gschichtln erzählt. Hier auch noch zum Nachlesen: Da jubiliert das Herz eines Heidenkindes: Die Eisheiligen und ihre Gschichtln

 

Die anderen Lostage sind aber nimma so sehr im allgemeinen Wissen verankert und sind natürlich auch regional unterschiedlich in ihrer Bedeutung. Auch trifft hier wie beim Datum der Eisheiligen die 10 tägige Verschiebung aufgrund der Fixierung des Lostages im Julianischen Kalender (vor 1582) und der Einführung des Gregorianischen Kalenders (1582) zu. Somit müsste eigentlich alles um 10 Tage nach hinten verschoben werden.

 

Ein paar besonders griffige Lostage habe ich mir  zu näheren "Untersuchung" geschnappt, obwohl es überregional gesehen an die 100 solcher denkwürdiger Tage gab und gibt.

Mariä lichtmess, 2. februar

Ist es an Lichtmess schön und trocken, muss der Winter lange hocken. Ist es an Lichtmess hell und rein, wird ein langer Winter sein.

 

Wenn es an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit. Gibt’s an Lichtmess Sonnenschein, wird es ein später Frühling sein.

 

Wenn's an Lichtmess stürmt und schneit, / ist der Frühling nicht mehr weit; / ist es aber klar und hell, / kommt der Lenz wohl nicht so schnell.

 

An diesem Tag, der mit "Mariä Lichtmess" bezeichnet wird, findet laut der katholischen Kirche das Fest der Reinigung (lat. Purificatio) Marias und gleichzeitig die "Darstellung des Herrn" (lat. Praesentatio Jesu in Templo) im Tempel gefeiert. 40 Tage nach dem Weihnachtsfest ( somit der Geburt Jesus) wird nach alttestamentarischen Vorschriften (3. Buch Mose | Das Buch Levitikus, Die Reinigung der Wöchnerin  12,1 - 8) und jüdischem Brauch, die Mutter des Kindes nicht mehr als unrein bezeichnet. Sie muss  an den Eingang des Offenbarungszeltes (später Tempel)  ein einjähriges Schaf und / oder zwei Turteltauben oder zwei junge Tauben bringen: "eine als Brandopfer und die andere als Sündenopfer; der Priester soll sie entsühnen, und so wird sie gereinigt" (Levitikus, 12,8).

Maria brachte also zwei Tauben in den Tempel nach Jerusalem und da der erstgeborene Knabe als "Eigentum Gottes" galt, musste er im Tempel Gott dargestellt und von den Eltern wieder "ausgelöst" werden. Na, da aber der Prophet Simeon und Hanna auch zufällig anwesendl waren, wurde Jesus gleich als Erlöser erkannt. So gschwind geht das!

 

In der katholischen Tradition wurde schließlich für diesen Anlass der römischer Brauch der Kerzenweihe und Lichterprozession übernommen und somit auch kurzerhand der Jahresbedarf an Kerzen für die Kirche und die für den häuslichen Gebrauch gesegnet. Bis 1912 war Maria Lichtmess sogar ein offizieller Feiertag, seither ist er nicht mehr im Highlight-Rang wie Fronleichnam, Maria Himmelfahrt.....

 

Maria Lichtmess war aber auch dahingehend bedeutend für das bäuerliche Leben, da am 2. Februar es Dienstboten gestattet war, ihren Dienstherren zu wechseln und sie ihren Jahreslohn erhielten.

3. Mose 12, 6 - 8

 

Conclusio: Absolut wichtiger Tag für das bäuerliche Leben!

Eisheiligen, 11 - 15. Mai

Na, da war ich schon in dem Blogbeitrag ein wenig ausführlicher: Da jubiliert das Herz eines Heidenkindes: Die Eisheiligen und ihre Gschichtln

Johannistag, 24. juni (Geburt des Johannes des Täufers)

 Johanni trocken und warm, macht den Bauern nicht arm.

Regnet’s am Johannistag, so regnet es noch vierzehn Tag.

 

Bis zu Johanni kann es mal regnen, danach kommt er ungelegen!

 

 

Der Feiertag von Johannes dem Täufer am 24. Juni fällt ungefähr mit dem Tag der Sonnenwende (um 20. - 22.. Juni), an dem die Sonne auf der Nordhalbkugel am längsten scheint und danach sich die Tage wieder verkürzen, zusammen. In der Antike war die Sommersonnenwende traditionell zwischen 22. - 24. Juni angesetzt und somit fast ident mit dem Geburtstag von Johannes dem Täufer. Aber noch deutlicher haben die Katholiken diesen Zusammenhang damit erklärt, da im Johannes-Evangelium (hat nicht der Täufer geschrieben, sondern der Evangelist heißt auch so) dem Täufer auf die Frage nach dem Messias die Worte in den Mund gelegt werden: Er muß wachsen, aber ich muß kleiner werden. (Joh. 3.30). Damit Bingo für die Gleichsetzung von Sommersonnenwende und Johannes dem Täufer!

 

Die Verehrung der Sonne ist ja bekanntlicher Massen schon so uralt wie die Menschheit. Wurscht ob man da an den Turm von Jericho (9. Jhd. vor Chr.), Stonehenge oder die Himmelscheibe von Nebra (2100 - 1700 vor Chr.) denkt. Der heidnische Brauch der Sonnwendfeuer ist natürlich dann auch einfach flugs auf ein Johannisfeuer umgelegt worden. Nur so nebenbei: In der katholischen Kirche werden neben dem Sterbetag nur die Geburten von Jesus, Maria und Johannes separat gefeiert. Bei allen anderen ist der Tag wurscht. Auch interessant.

 

Traditionell wird nach der  Sonnenwende | Johannistag erstmals die Wiese gemäht, damit bis dahin die Blumen ihre Samen abwerfen können. Also auch dahingehend interessant für die Bauern.

 

siebenschläfertag, 27. Juni (liturgisch, kirchlicher Feiertag) und als Lostag 7. Juli (da ist wieder der Gregorianischen Kalender schuld)

Das Wetter am Siebenschläfertag sieben Wochen lang bleiben mag.

Ist der Siebenschläfertag nass, regnet´s ohne Unterlass.

 

Natürlich ist so eine Bezeichnung ein BINGO für die Kunsttante und das Heidenkind in mir: Katholisches Märchen per excellence und leider viel zu selten dargestellt. Klarerweise geht der Begriff Siebenschläfertag nicht auf das Nagetier gleichen Namens zurück, sondern auf die wirklich skurrile Geschichte. 

 

Der Ursprung der Erzählung liegt wahrscheinlich in vorchristlicher Zeit und taucht auch in anderen Religionen mit Abwandlungen auf. Jacobus de Voragine (1228 / 29 geboren und 1298 gestorben, Genua)  hat die sogenannte Legenda aurea (Goldende Legende) verfasst und darin so ziemlich jede Heiligengeschichte, die damals im Umlauf und mit dem Kirchenjahr verknüpft war, in rund 170 Gschichtln in einem einfachen Latein aufgeschrieben. Das Buch avancierte schnell zum Bestseller und wurde x-mal abgeschrieben und verbreitet. Da der Buchdruck erst 1440 von Johannes Gutenberg in Europa erfunden wurde, waren die Mönche der klösterlichen Skriptorien fleißig am Abschreiben und Abmalen. Da mit Jacobus de Voragines Legenda aurea die Geschichten fixiert waren, hielten sich die Künstler auch in ihren Darstellungen und Attributen der Heiligen sehr gut daran. Na und so ist dieses Büchlein für uns Kunsthistoriker, die dem Frühchristentum und dem Mittelalter verfallen sind, eine schier unglaubliche Wissensquelle, um die Darstellungen entziffern zu können.

 

So gelangte auch die Legende von den "Sieben Schläfern von Ephesus", den sogenannten "Siebenschläfer" zu Buchehren, obwohl sie bereits ab 500 n. Chr. in seiner fixen Form überliefert sein dürfte und mehrmals in Abschriften von verschiedenen Skripten diverser Autoren auftaucht.

 

Die lateinische Schreibweise der Herkunftsstadt ist Ephesus, wird im Griechischen aber als Ephesos - also mit o - tituliert. Große Bekanntheit erhielt sie bis in die Gegenwart, da die in der heutigen Türkei liegende, aber zerstörte Stadt, nicht nur eines der bedeutendsten antiken Zentren in Kleinasien,, sondern auch Stätte des zu den sieben Weltwunder zählenden Tempel der Artemis war.

 

Die Erzählung beginnt im Jahre 251, als der römische Kaiser Decius nach Ephesus kam, um an den heidnischen Götterfesten teilzunehmen und die Christenverfolgung persönlich zu überwachen. Sieben junge Männer aus vermögendem Hause, die aufgrund des Besuches des Kaisers einen Palastdienst absolvierten, bekamen aufgrund ihrer Herkunft Bedenkzeit um dem christlichen Glauben abzuschwören und suchten daher eine Höhle im Berg Anchilus auf, um zu Gott beten zu können. Nach einiger Zeit und hin und her werden sie, da sie gerade sanft schlafen, von Decius in der Höhle eingemauert. Zwei andere christliche Diener des Kaisers schreiben ihre Geschichte auf und verstecken die Bleitafeln neben dem Höhleneingang. Gegen Ende der Regierungszeit von Theodosius (- 450 n. Chr.), das Christentum ist nun schon offiziell, werden die Steine, die die Höhle verdecken für den Bau eines Viehstalles gebraucht. Der Eingang der Höhle wird somit geöffnet und die sieben Jünglinge erwachen. Sie können gar nicht glauben, dass 200 Jahre verstrichen sind. Nach einigem Hin und Her abermals, kommt der Bischof von Ephesus zur Höhle, entdeckt die versteckten Bleitafeln mit der Geschichte und in diesem Moment "erglühen" die Antlitze der Jünglinge. Na bumm, Theodosius wird benachrichtigt über dieses Wunder und der Kaiser ist sich somit sicher, dass der christliche Glauben richtig und gut ist. Er kommt, sie bestätigen kurz ihre Geschichte und im nächsten Moment entschlafen sie für immer.

Zeitlich ist das zwar überhaupt nicht logisch: Bitte, wie lange hat der Kaiser da von Konstantinopel nach Ephesus gebraucht und wieso sind die Jünglinge nicht einfach schon aus der Höhle gekommen???? Fragen über Fragen, die man als Heidenkind nicht stellen darf ;)

 

Jedenfalls wurde eine Kirche über der Höhle errichtet und die vor Jacobus de Voragine überlieferten Versionen mit andern Namen und der Anzahl der Jünglinge..... wurde ab der Legenda Aurea fixiert:

Maximian, Malchus, Marcianus, Dionysius, Johannes, Serapion, Constantin

 

Conclusio der Lostage: Ein Freudenfeuerwerk für christliche Gschichtln und bäuerliche Erfahrungen!