Es ist etwas Herrliches für ein Heidenkind: Römisch-Katholische Heilige, die für jeden Schas herhalten müssen und zugleich eine Tradition widerspiegeln, die eigentlich schon nimma mehr wahr ist, aber doch in den Köpfen aller ganz tief verankert ist.
Sobald man nur ansatzweise Pflanzen bereits vor den Tagen 11. - 15. Mai in das Freie stellen möchte oder einem anderen dilettantischen Gärtner erzählt: "Ach, das habe ich schon hinaus gestellt", kommt die fast furchterregende Warnung: ABER NICHT VOR DEN EISHEILIGEN. Es hat damit zu tun, dass in der sogenannten "Kleinen Eiszeit" (Anfang des 15. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert) es sehr oft kalte - inklusive Bodenfrost - Einbrüche des Wetters im Mai vorherrschten. Seit dem 20. Jahrhundert hat sich diesbezüglich das Wetter mehr beruhigt und die Kälteeinbrüche sind nicht mehr als so intensiv verzeichnet.
Aber mit dem Glauben an die Eisheiligen und deren fast schon mantraartigen Beschwörung, wächst selbst ein Heidenkind auf. Naja, jetzt hat mich aber mehr als interessiert, welche Gschichtln eigentlich hinter diesem uralten Glauben steckt. Eh klar, die "kalte Sophie" als die letzte und härteste so quasi "unter der Sonne" war mir bekannt, aber die anderen namentlich nicht wirklich präsent.
Aber noch der Hinweis: Die Namenstage beziehen sich auf den Julianischen Kalender. Dieser wurde etwa 45 v. Chr. von Julius Cäsar im Römischen Reich verpflichtend eingeführt: Natürlich haben die Römer das nicht selbst erfunden, sondern das System der alten Ägypter (bereits seit 238 v. Chr.) mit einer Einteilung in 12 Monate und ein Einrechnen eines Schaltjahres, übernommen. 1582 verbesserten man aufgrund der neuen astronomischen Erkenntnisse den Jahresablauf und das neue System wurde als Gregorianischer Kalender tituliert. Es wurde nötig, da zum Beispiel aufgrund der fast unmöglichen Berechnungen des exakten Jahres und gleichzeitig auch jener des Sonnenjahres, das Osterfest zwischen dem 4. Jahrhundert sich bis in das 16. Jahrhundert um rund 10 Tage nach hinten verschoben hatte. Papst Gregor XIII hat den Neuen 1582 mit einer päpstlichen Bulle - also quasi per Gesetz - für die katholischen Gebiete verordnet. Mit diesen neuen Erkenntnissen sollte das langsame Auseinandergehen des Sonnenjahres mit jenem des Kalenders weiter eingegrenzt werden. Heute ist er der meist gebräuchlichste, aber in manchen Teilen der Welt gilt noch der Julianische. Daher wird Weihnachten meist in orthodoxen Ländern nicht im Dezember, sondern Anfang Jänner gefeiert.
Die Stars: die eisheiligen und ihre gschichtln
Wie gesagt, die Namenstage der Heiligen beziehen sich auf den Julianischen Kalender und sind somit 10 Tage früher als jetzt die meteorologische Kaltfront wäre. Also: Die Namenstage sind zwischen 11. und 15. Mai, aber der Kälteeinbruch ist eigentlich nach dem 20. Mai.
Aber egal: Das sind die Stars des Glaubens:
Mamertus
Pankratius
Servatius
Bonifatius
Sophia
mamertus, 11. mai
Mamertus wurde angeblich um 461 n. Chr. Erzbischof von Vienne (Gallien) und verstarb vermutlich 477 ebendort, aber seine genauen Lebensdaten sind wie so oft nicht überliefert. Wie passend, leitet sich sein Name vom römischen Kriegsgott Mars ab.
Da viele Feuer und Erdbeben rund um Vienne zu verzeichnen waren, führte er als Erzbischof dreitägige Bittprozessionen vor dem Fest Christi Himmelfahrt ein, die als ein Erflehen göttlicher Hilfe für den Landboden gedacht waren. Die eigentlich auf heidnischen Wurzeln fußende Prozession bedeutete ein Umwandern der einzelnen Äcker und Besitztümer und das Erbitten um Verschonung. Es waren formlose Umgehungen und erst Mamertus stellte eine genaue Abfolge, gewisse Handlungen und somit festgeschriebene Litaneien für diese Prozession auf. 511 wurde dieser Ablauf und die Gebete für ganz Gallien (Ohh, bei dem Ausdruck "Ganz Gallien" denke ich sofort an Asterix ;) verpflichtend eingeführt. Im Jahre 800 n. Chr. übernahm auch Papst Leo III die von Mamertus zusammengestellten Litanei und es wurde schließlich für die gesamte katholische Kirche zum festen Bestandteil gemacht. Aber der Papst war so freundlich und ignorierte das Fastengebot von Mamertus. So quasi in dem Sinne: Ned schon wieder do a nu fasten.
Von Mamertus selbst ist nichts Schriftliches überliefert, aber sein Bruder, Claudianus Mamertus, war ein recht bedeutender christlicher Philosoph mit überlieferten Texten. Um Mamertus auch auf Darstellungen zu erkennen, wurde er meist im Ornat eines Bischofs und einem neben seinen Füßen brenndenden Feuer gekennzeichnet. Er gilt als der Patron der Ammen, Hirten und der Feuerwehr und wird bei Fieber und Dürre sowie bei der Erkrankung der BRÜSTE (das gibts echt in der katholischen Kirche?? Ich bin erstaunt) um Hilfe angefleht.
pankratius, 12. mai
Pankratius (Pankraz) dürfte so um 290 n. Chr. in Phrygien (Gebiet in der heutigen Türkei) geboren worden sein, kam nach dem Tod seiner Eltern zu einem Onkel nach Rom und wurde aber bereits 304 n. Chr. als 14-jähriger aufgrund seines Glaubens jn Rom enthauptet.
Unter Diokletian (Gaius Aurelius Valerius Diocletianus, 236 / 245 - 312 gestorben; War der erste römische Kaiser, der freiwillig 305 aus dem Amt schied) hatten ab 303 n. Chr. die bis dahin brutalsten Christenverfolgungen eingesetzt. Jeder bisherige Kaiser war unterschiedlich intensiv in seinem Hass auf die neue Religion und ihre Anhänger umgegangen. Erst mit dem sogenannten Edikt von Mailand (313) endeten die Ermordungen und Verfolgungen, denn unter Kaiser Konstantin wurde folgendes beschworen: Sowohl den Christen als auch überhaupt allen Menschen freie Vollmacht, der Religion anzuhängen, die ein jeder für sich wählt.
Es war aber nicht gesetzlich verankert, was der Zusatz Edikt vermuten lässt, sondern, es war lediglich eine Vereinbarung zwischen den Kaisern des Westens (Konstantin) und des Ostens (Licinius).
Aber es bedeutete ein Ende der Ächtung und der Ermordungen. Unter der Regentschaft von Theodosius I (380 - 391) wurde das Christentum schließlich als Staatsreligion anerkannt und die Zeit der
Christenverfolgungen war damit endlich Geschichte.
Bereits 354 n. Chr. wird Pankratius in einem der Annalen (Jahrbüchern mit denkwürdigen Jahresereignissen) schriftlich erwähnt und relativ rasch entwickelte er sich zu einem in ganz Europa sehr beliebten Heiligen, dessen Name oft Verwendung in Bezeichnungen von Orten bekam oder dem zu Ehren auch Kirchen geweiht wurden.
In der Ikonografie - um ihn leicht aufgrund seines Äußeren zu erkennen, da ja die "normalen" Menschen nicht des Lesens mächtig waren - wird Pankratius auf Bildern oder Skulpturen in vornehmer Kleidung, mit einem Schwert in der Hand (deutet auf die Enthauptung) und der Märtyrerkrone und Palme dargestellt.
Das sich im Laufe der Jahrhunderte aus dem römischen Siegeskranz (corona) entwickelte Heiligenattribut der Märtyrerkrone (Corona martyrii ) war für Menschen ein Zeichen, dass dieser Heilige den Tod in der Nachfolge Jesus erlitten und somit über die Christenverfolger gesiegt hat. Ein weiteres Erkennungsmerkmal eines auf diese Weise ermordeten Heiligen war auch die Beifügung der sogenannten Märtyrerpalme, die aus einem einfachen Palmzweig bestand. Die Verwendung der Palme basiert auf einer Stelle der Offenbarung des Johannes, der in einer Vision und seiner Beschreibung dieses Zeichen sah.
Naja, man muss da immer bedenken, dass in dieser Zeit mit allen Mitteln gearbeitet wurde, da die Menschen selbst eine Inschrift nicht lesen konnten. Aber sie erkannten die gewissen Beifügungen und konnten so erkennen: AHHH, der ist gemeint!
Servatius, 13. mai
Wie so oft in der christlichen Tradition vermengen sich in der Biografie eines Heiligen mehrere Gestalten zu einer einzigen und es wird am Ende eine Vita präsentiert, die von vorne bis hinten konstruiert ist. So eine Verschmelzung ist jene von Servatius.
Was schließlich im Mittelalter als "Wahrheit" übrig blieb lautet: Servatius von Tongern (möglicherweise in Armenien geboren), war Bischof des belgischen Tongern und sagte den Hunneneinfall um rund 450 voraus (aber das ist wieder auch so ein ungesichertes, fragwürdiges Datum). Da laut "Überlieferung" Servatius am 13. Mai 384 in Maastricht - möglicherweise dort mit einem Holzschuh erschlagen - seinen Tod fand, wird dieser Tag ihm zu Ehren gereicht. Jedenfalls liegt im Dom zu Maastricht ein Servatius begraben (Welcher auch immer). Im Mittelalter gelangte er und Maastrich als bedeutender Wallfahrtsort zu einer großen Popularität. Wie es sich für einen echten Heiligen auch gehört, vollbrachte Servatius natürlich zahlreiche Wunder und Heilungen. Seine Pilgerfahrt nach Rom, um das Grab von Petrus zu sehen, erwies sich als das Highlight seines Lebens: Petrus hat ihm - wie auch immer ein Toter das vollbringen kann - einen silbernen Schlüssel überreicht, damit Servatius allen ihn bittenden Menschen, das Tor zum ewigen Leben aufsperren kann. Na bumm, das ist eine Verantwortung! ;)
Natürlich haben die Künstler - wiederum zur leichteren Erkennbarkeit - ihm dementsprechende Attribute beigefügt: Er wurde immer im Bischofsornat gekleidet präsentiert, mit einem Hirtenstab, einem silbernen Schlüssel und einem Holzschuh dargestellt und ein Adler (mehr als fragwürdige Episode mit Attila, dem Hunnenkönig) und ein Drache begleiten ihn. Wobei ich in der Literatur kein Gschichtl mit einem Drachen gefunden habe. ..... Wieder so eine komische Geschichte. Da sollte ich vielleicht einmal einen Blick in die mittelalterliche Legenda aurea werfen.... Na da ist ein Grimmsches Märchenbuch wirklich ein Waserl und Lercherlschas dagegen.
Einige Städte wurden nach Servatius benannt und er gilt auch als Patron der: Lahmen (Mensch und Tier), der Schlosser und der Tischler. Er wird angefleht, wenn man ein Fußleiden hat, an Rheuma
erkrankt ist und Fieber, Todesfurcht oder Frostschäden hat. Außerdem hilft er auch noch bei Mäuse- und Rattenplagen.
Also: Servatius ist ein Allround-Heiliger, der alles kann!!
bonifatius, 14. mai
Da ist aber der Bonifatius von Tarsus gemeint, dessen Name Wohltäter bedeutet. Es gibt ja ein paar andere auch noch. Auch in seiner Vita geht es wieder einmal ordentlich rund. Angeblich ist er in Rom als "Sünder" und Nicht-Christ geboren. Die reiche Römerin Aglae - sein sündiges Gespusi - beauftragte ihn nach Tarsus zu reisen und dort Reliquien christlicher Märtyrer zu holen. Als er in Tarsus die dort entbrannte, grausame Christenverfolgung miterlebte, ließ er sich taufen, bekannte sich zum Christentum und starb deshalb dort auch gleich da sie ihn aufgrund seines Glaubens mit heißem Pech übergossen haben.
Seine Begleiter brachten seine Gebeine nach Rom und es setzte auch gleich die Heiligenverehrung ein. Zur Erkennbarkeit auf den Abbildungen wurde er mit heißem Pech dargestellt.
sophia, 15. mai (kalte sophie, Koides Sopherl)
Von Sophia von Rom ist wiederum nur überliefert, dass sie während der Christenverfolgung unter Diokletian 304 in Rom starb. Aber auch in ihrer Geschichte ist natürlich das Vermantschen mit dem Leben von Sophia von Mailand gegeben. Ihr Name bedeutet Weisheit, aber da sind wir auch schon relativ am Ende der "Weisheit". Ihre angeblichen Gebeine wurden irgendwann ausgegraben und ab 777 nach Straßburg gebracht, ab da wurde sie groß verehrt und irgendwann landeten die Gebeine in Eschau. Sie ist aber nicht mit jener Heiligen Sophia gleichzusetzen, die in der Orthodoxie sehr groß verehrt wird. Da ist schon wieder eine andere gemeint.
Sophias Attribute sind ein Buch und die Palme, manchmal auch ein Trog und ein Schwert. Weshalb diese beiden letztgenannten Beifügungen auch in ihrer Vita auftauchen, ist mir ein Rätsel und ich kann keinen Hinweis in der Literatur dazu finden.
Conclusio: Es ist schier unglaublich welche glamourösen Märchenerzähler da in der katholischen Theologie am Werk waren und sie somit die Menschheit am Schmäh gehalten haben.
Klar, dass ein unwissender, einfacher und des Lesens nicht mächtiger Mensch, der glaubt die Erde ist eine Scheibe und ein verdammt, verdammt, verdammt hartes Leben hat, solche Märchen in sich aufsaugt und sich jeden Schas erzählen lässt.
Schließlich glauben wir ja auch in der Gegenwart noch an Wunder, andere Wunder, aber es sind halt dann nur zeitgemäße Wunder ;)